SR-Original Paul Hennemann: „Ich will bis zum 80. weiter pfeifen“

„Im Moment bin ich schon ein wenig der ‚Rote Paul‘!“, gibt der für Sambach pfeifende Schiedsrichter Paul Hennemann zu Beginn des Gesprächs zu. „In fast jedem Spiel in letzter Zeit musste ich leider eine Rote zücken – aber wenn es notwendig ist, dann muss ich das halt machen.“, fügt er an. Paul Hennemann ist ein Unermüdlicher, der sich sogar von Verletzungen nur kurz bremsen lässt. Nach einem Fahrradsturz und folgender Rippenprellung war er nur kurz außer Gefecht – und pfiff dann alsbald wieder, wenn auch unter Schmerzen. „Bei den Sprints habe ich das schon noch gemerkt – aber da muss man durch.“, grinst der 69-Jährige, der seit Beginn des Sommers bereits wieder 120 Spiele geleitet hat.

„Eines muss ich gleich mal sagen: Ich kann nur so häufig pfeifen, weil ich auch die richtige Frau dazu habe. Seit 1974 bin ich glücklich verheiratet!“, freut sich der Vater zweier Söhne über das Verständnis seiner besseren Hälfte für seine Leidenschaft. Und Leidenschaft ist sicher das richtige Wort für den zeitlichen Aufwand und die Liebe, die Paul Hennemann für die Schiedsrichterei aufbringt. „Allerdings hat meine Frau schon auch gesagt, dass ich nun weniger pfeifen soll. Denn manchmal leite ich am Freitag eines, am Samstag zwei und am Sonntag drei Spiele…!“, erklärt er. Muss sich also der Steigerwälder Obmann Uwe Storch Sorgen um seinen neben Uli Schönfeld umtriebigsten Schiri machen? Eher nicht, denn: „Meine Frau sagt, ich darf jetzt am Sonntag auch nur noch maximal zwei Spiele pfeifen!“, lacht Paul Hennemann, der nur ein paar Häuser entfernt vom Sambacher Sportgelände wohnt.

Als Fußballer der „Liebling der Schiedsrichter“

Vor seinem Einstieg in die Schiedsrichterei war Paul Hennemann selbst lange Jahre aktiver Fußballer für die DJK/SV Sambach, in deren Gründungself er 1967 stand. „Ich glaube, dass ich kein schwieriger Fußballer war. Vielleicht sogar so etwas wie der Liebling der Schiedsrichter.“, charakterisiert er sich rückblickend selbst. „Ich habe als Linksaußen mit meiner linken Klebe schon einige Tore gemacht!“, so der gelernte Brauer und langjährige 2. Vorsitzende der DJK/SV Sambach, der viel Zeit auch damit verbringt, die Rasenplätze seines Vereins zu pflegen. Und die liegen wirklich bombig da. „Das muss man schon sagen, wenn wir früher schon auf solchen Teppichen hätten spielen können…“, spricht er eine Zeit an, in der die Plätze eher den umliegenden Äckern glichen als einem Englischen Rasen. „Ich habe erst mit 21 Jahren angefangen… vorher gab es ja hier in Sambach nicht die Möglichkeit.“ Seine gesamte Karriere verbrachte er im Verein seines etwa 600 Einwohner zählenden Heimatortes, mit dem er 73/74 von der damaligen C- in die B-Klasse aufstieg: „Ich bin ein Sambacher, war schon immer einer und werde bis zu meinem Tod einer bleiben!“, bekräftigt er seinen gelebten Lokalpatriotismus. Vor dem Bau des Vereinsheimes zogen sich die Sambacher Fußballer in der Gastwirtschaft seines Vaters um.

Ziel: Bis 80 pfeifen

„Ich bin eher durch Zufall dazu gekommen, Schiedsrichter zu werden!“, blickt er 37 Jahre in die Vergangenheit und befindet resümierend: „Ich hatte von Anfang an Spaß am Pfeifen und nie auch nur den Gedanken daran, die Pfeife wegzulegen!“ Und so soll es bleiben: „Ich möchte weitermachen, bis ich 80 bin, das ist mein Ziel!“ Natürlich nur, wenn es die Gesundheit – und auch die Fitness zulassen. „Ich bin zum einen ein ehrlicher Schiedsrichter, der niemanden bevorzugt oder benachteiligt. Und ich bin einer, der immer versucht, auf Ballhöhe zu bleiben.“ Und mit Bestimmtheit sagt er im fränkischen Dialekt: „Wenn i mol bloß nuch vom Mittelkreis aus pfeif, donn leech i mei Pfeifla wech!“ Aber davon ist Paul Hennemann noch weit entfernt, denn: „Von der Endgeschwindigkeit habe ich natürlich abgebaut, aber bei den kurzen Sprints bin ich noch voll auf der Höhe! Wenn sich alle Schiedsrichter der Gruppe Steigerwald zum 20-m-Sprint aufstellen würden – dann würde ich sicher irgendwo im Mittelfeld ankommen…“, grinst er. So macht er auch die Leistungsprüfung, obwohl er das nicht mehr bräuchte, immer mit. „Schüler, AH… egal was, ich pfeife alles gerne. Am liebsten aber leite ich Damen-Spiele!“, gibt er zu. „Da wird teilweise ein richtig guter Fußball gespielt. Und schnell. Stegaurach zum Beispiel… da muss der Schiri ganz schön wetzen!“, erklärt Paul Hennemann. „Ich glaube, die meisten freuen sich, wenn ich für ein Spiel bei ihnen eingeteilt werde!“ So erzählt er von einer Urlaubskarte der Prölsdorfer Damen, die sie ihm aus Mallorca schrieben und mit der sie sich für die guten Leistungen bei ihren Spielen bedankten! „Das freut einen natürlich!“, so Paul Hennemann. Der überzeugt natürlich nicht nur durch die Leistungen und seine kommunikative Art auf dem Platz, sondern auch nach Spielschluss. Geselligkeit und Zusammenhalt wurden bei ihm schon immer groß geschrieben und gelebt, „deswegen haben sich in den all den Jahren viele Freundschaften mit Spielern, Trainern und Funktionären ergeben.“ Und weil der auch innerhalb der Steigerwälder Schiedsrichter-Familie groß geschrieben wird, möchte er noch lange dabei bleiben.

„Ein einziges Mal wollten sie mich hauen…“

„Ich glaube schon, dass ich als Schiedsrichter relativ beliebt bin. Ich rede viel mit den Spielern – aber wenn einer eine Karte braucht, dann kriegt er sie! An viele Spiele, in denen ich Probleme bekommen hätte, kann ich mich wirklich nicht erinnern.“, so Hennemann zufrieden und erzählt ein eher harmloses Beispiel: „Einmal hat mich ein Zuschauer von draußen am laufenden Band beleidigt. Das wurde mir dann zuviel und bin zu ihm hin. Dann habe ich gesehen, dass neben ihm eine richtig aufgetakelte Frau stand und habe ihn gefragt: ‚Ist das Ihre Frau?‘. Als er ja sagte habe ich geantwortet: ‚Dann verstehe ich, dass Sie hier am Sportplatz die Klappe aufreißen, weil Sie zuhause sicher nichts zu sagen haben. Sie dürfen mich deshalb auch für den Rest des Spiels beleidigen!“ Schwieriger wurde es für ihn dann schon bei einem Spiel in Neuses gegen Germania Forchheim. „Da wollten mich die Gästespieler angehen, die standen ganz schön unter Strom – Gott sei Dank haben sich die Neuseser Spieler um mich herum aufgebaut, so dass keiner an mich rankam. Nach Hause ging es dann mit einer Polizei-Eskorte. Ein Auto vor, ein Auto hinter mir. Bis Röbersdorf, da habe ich dann gesagt, dass ich es ab hier bestimmt auch alleine schaffe…!“, kann er heute über das einzige wirklich kritische Spiel seiner Schiri-Laufbahn, wie so oft an diesem Abend, herzhaft lachen.
„Ach ja – und kürzlich musste ich tatsächlich auch bei einem Frauen-Spiel eine Dame vom Feld stellen. Das kommt ja wirklich selten vor… jetzt hat mich der Verein abgelehnt.“ Auch das ist in 37 Jahren nur einmal vorgekommen. Naja, es bleiben noch genügend übrig für Paul Hennemann, der sagt: „Ich fahre überall hin, wo sie mich halt einteilen!“

Zuverlässigkeit und Spontaneität

Apropos Einteilen. „Wenn der Schiri-Obmann bei mir anruft und mit ‚Mein lieber Paul…‘ das Gespräch beginnt, dann kann ich eigentlich schon meine Sporttasche packen. „Denn wenn irgendwo mal der Schiri kurzfristig ausfällt, dann weiß unser Obmann schon, wen er auch kurzfristig anrufen kann…“, sind Zuverlässigkeit und Spontaneität weitere Markenzeichen von Paul Hennemann. „Wann?“ – „Du müsstest eigentlich längst dort sein!“ – „Gut, dann fahre ich jetzt los!“, auch solche Dialoge gab es bereits vor Spielen, die dann Paul Hennemann spontan übernommen hat… Der Grund, warum es diese Situationen gibt, der ist natürlich auch einem erfahrenen Mann wie Paul Hennemann klar: Es gibt zu wenig Nachwuchs! „Ich kann nur jedem raten, es mal zu versuchen. Und wenn es die ersten Zurufe oder vielleicht auch mal Beschimpfungen gibt, dann nicht aus der Ruhe bringen lassen, sondern dabei bleiben! Viele, die den Schiri-Schein machen, hören ja leider nach drei, vier Spielen wieder auf.“ Nach Paul Hennemanns ersten drei, vier Spielen jedenfalls kamen noch mehrere Tausend hinzu!

„So, ich muss jetzt leider…“, verabschiedet sich Paul Hennemann dann aus dem kurzweiligen und humorvollen Gespräch. „Wir haben heute Schiri-Sitzung in Burgebrach… ich komme sowieso schon zu spät!“, entschuldigt er sich. Aber einer wie Paul Hennemann, der so viel für die Schiedsrichterei getan hat, immer noch tut und hoffentlich wie geplant bis zu seinem 80. tun wird, der darf natürlich auch einmal ein paar Minuten zu spät kommen…